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Tage

Organisation

Ein Semester im Ausland ist ein Vorhaben, das ausführlichst vorbereitet werden muss. Dieser Aufwand ist im Voraus kaum zu überblicken. (Aber, dass sich dieser Aufwand lohnt, ist gewiss!) Es sind viele Dinge, die — abseits des üblichen Papierkriegs — beachtet werden müssen. Manche mehr und manche weniger selbstverständlich.

Zunächst sind da die Unterlagen, die an der Heimat- wie auch der Gast-Hochschule ausgefüllt werden müssen, die beispielsweise die Anrechnung der im Ausland geleisteten Kurse regeln oder später auch einen Einfluss auf die Form des Visums haben. Vor allem die Formulare der Gast-Hochschule können, je nach Land/Landessprache eher komplex ausfallen. (Aber man erfährt von den Heimat- und Gast-Hochschulen eigentlich immer ausreichend Unterstützung.)

Neben den Dingen, die das Studium betreffen, ist natürlich auch die Frage der Finanzierung von großer Bedeutung. Mit aufwendig ausgearbeiteten Bewerbungsunterlagen bewirbt man sich für Stipendien, stellt einen Antrag auf Auslands-BAföG und vor allem geht man fleißig Arbeiten. Zu diesen Finanzierungsfragen gehören allerdings auch die Rahmenbedingungen vor Ort. Was kostet eine Überweisung ins Ausland? Wäre es günstiger ein Konto bei einer Bank im Ausland zu eröffnen? Funktioniert die Kreditkarte in diesem Teil der Welt? Das und mehr sind Fragen, über die man sich am besten weit im Voraus Gedanken macht.

Eine Frage, die für den Alltag vor Ort natürlich wesentlich ist: Welche Sprache wird gesprochen? Eine Frage, die nicht ganz so banal ist, wie sie scheint. Denn: Welche Sprache wird in der Vorlesung gesprochen? — Da kann es schon Mal vorkommen, dass man ein- bis anderthalb Jahr/e vorher anfängt eine neue Fremdsprache zu lernen, »Japanisch« zum Beispiel.

Neben diesen Dingen gibt es auch weitere Fragen, die der Klärung bedürfen. Welche Reiseschutzimpfungen werden benötigt? Wo werde Ich wohnen? Fragen, die immer weiter ins Detail führen und immer zahlreicher werden. Doch das möchte Ich hier nicht weiter ausführen ...

Wo gehe Ich hin?

Neben diesen rein organisatorischen Dingen sollte man sich auch darüber informieren, wo man überhaupt hingeht. (大津市, 滋賀県, 日本  |  Otsu, Präfektur Shiga, Japan — in meinem Fall.) Ja, das hört sich recht einfach an. Wenn man aber sieben Monate in einem Land ist, dessen Sprache man sich bemüht zu sprechen, dessen kulturellen Einfluss man in seinem Studium wiederfinden will, muss man sich intensiv mit dem Land auseinandersetzen. Nur wenn man auch ausführlich recherchiert und sich für kulturelle Nuancen sensibilisiert, kann man diese Erkennen und am meisten von den Erfahrungen, die sich einem bieten, profitieren. (Das behaupte Ich jetzt einfach mal so.) Dazu habe Ich mich allgemein durch Reisführer und Foren gewühlt und mich dann auch nach Lust und Laune auf einzelne Themen konzentriert. So zum Beispiel »Tee«, »Etiquette«, »Zen-Buddhismus«, »Shintoismus« und einige andere. Themen also, die in Japan von großer Bedeutung sind.

Nach meinen Recherchen kann Ich vor allem folgende zwei Bücher zur kulturellen Vorbereitung empfehlen. Bücher, die bei mir — auch bei normalen Reisen — immer auf der Liste stehen.

  • Vis-à-Vis Japan
    Das ist einer meiner liebsten Reiseführer. Diesen kaufe Ich immer, wenn es ihn für das Zielland gibt. Der Reiseführer ist sehr detailreich im Umgang mit kulturellen Feinheiten.
    ISBN: 978-3-7342-0149-3
  • Fettnäpfchenführer Japan
    Dieses Buch befasst sich ausschließlich mit den Feinheiten des »Guten Tons« in Japan. Anders als die reine Information von Reiseführern kann man hier die Blamagen des »Herrn Hoffmann« hautnah miterleben und hat so auch noch was zu lachen.
    ISBN: 978-3-943176-24-7

Zuletzt, aber nicht weniger wichtig, stehen natürlich die üblichen Reisevorbereitungen an. Kein Moment, den man in einem fremden Land verbringt, will verschwendet sein.


Gedanken & Gefühle

Gemischte Gefühle oder auch, hin und wieder, eine kleine aber feine Panik-Attacke gehören dazu. Ständig macht man sich Gedanken, was man übersehen, vergessen oder falsch gemacht haben könnte. Und je näher man dem Auslandssemester kommt, desto intensiver kommt einem dieses Gefühl vor. Obwohl es eigentlich nichts gibt über das man sich Gedanken machen müsste. Man kann natürlich nicht ausschließen, dass Fehler gemacht werden, nur so kann gelernt werden. Es ist klar, dass in einem fremden und derart komplexen Land, die erste Blamage nicht lange auf sich warten lässt. Als kleines Trostpflaster hat man ja immer noch den 外国人-Bonus (Fremden-Bonus).

Eines hieran ist jedoch ungewohnt. Trotz der unterschwelligen Aufregung und den kleinen Panik-Attacken der Organisation wegen, bleibt einem immer noch ein gewisser innerer Frieden. Man ist sich all den eingeplanten, wie auch ungeahnten, Hindernissen bewusst. Es ist scheinbar selbstverständlich, dass man sein Selbst immer wieder aufs Neue wird überwinden müssen. (Klar, ... Das muss man hier auch hin und wieder, aber hier hat man die Wahl.) Diese unumgängliche Tatsache, die auf ein »Inneres Wachsen« vorausblicken lässt, ist es die sich über diese inneren Unruhen hinwegsetzt.

Mein Opa hat immer gesagt: »Geld, Taschenmesser, Kamm und Gebiss«. Das trifft es eigentlich ganz gut. Wenn es drauf ankommt, braucht man nicht mehr. Okay, ... für mein Seelenheil wäre noch meine Kamera notwendig.

Ein paar Tage noch ... bewusster erleben.

Jetzt ist es nicht mehr lange hin und die eigene Haltung verändert sich in gewisser Weise. Stimmungsschwankungen. In Abhängigkeit von der Grundstimmung ist man abwechselnd erfüllt von Vorfreude und Nervosität. Einen Moment lang sitzt man da und freut sich auf die Herausforderung, freut sich auf all die spannenden Dinge, die man noch nie gesehen hat, freut sich auf all die gewiss einzigartigen Erlebnisse und doch schleicht sich immer gerade dann, wenn man nicht damit rechnet, Nervosität in die Vorfreude.

Die Tage bevor es dann endlich losgeht, scheinen vorüber zu fliegen und doch langsam zu vergehen. Seltsam bewusst, bewusster als sonst lebt man in den Tag hinein. Mit einer seltsamen Endgültigkeit lebt man die Tage, versucht Dinge abzuschließen. Das fängt schon damit an, das man beginnt bestimmte Dinge zu Essen, die man vermissen wird. Maultaschen. Oder man trifft sich mit Freunden, die man an seltenen, ganz besonderen Gelegenheiten sieht. Oft liegen lange Tage, Wochen oder gar Monate zwischen einem Wiedersehen, doch jetzt ist einem die scheinbare Ewigkeit bis zum nächsten Wiedersehen unangenehm bewusst.

Interessant ist auch, dass eben dieses »Bewusster Erleben« auch die Wahrnehmung von sich selbst verschärft. Man betrachtet sich selbst in einem anderen Licht. Man stellt Eigenheiten infrage, (wieder-)erkennt eigene zuvor unscheinbare Charaktereigenschaften oder Charaktermakel.

Man ist sich der baldigen Veränderung bewusst und heißt sie willkommen.

Mein Auslandssemester an der »Seian University of Art Design  |  成安造形大学« wird durch ein viermonatiges Stipendium der »Baden-Württemberg Stiftung« unterstützt.

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